Rechtspsychologie

Die Rechtspsychologie ist ein interdisziplinärer Fachbereich, der sich mit der Anwendung „psychologischer Theorien, Methoden und Ergebnisse auf Probleme des Rechts“ (Lösel/Bender in Schorr 590ff) befasst. Ursprünglich aus der Kriminalpsychologie einerseits und der forensischen Psychologie andererseits entstanden, wird heute unter diesem Oberbegriff eine Vielzahl an Themen zusammengefasst, die sich mit psychologischen Mechanismen, Erklärungen und Interventionsmöglichkeiten hinsichtlich rechtlicher Fragestellungen beschäftigen.


Die Bandbreite an rechtspsychologischen Themenfeldern ist groß und umfasst beispielsweise

  • Modelle zur Entstehung dissozialen Verhaltens
  • Möglichkeiten diesbezüglicher Interventionen sowie der Evaluation dieser Behandlungsprogramme
  • Fragen zur Strafzumessung und zu richterlichem Handeln
  • aussagepsychologische Erkenntnisse und Fragen der Glaubhaftigkeit
  • Fragen zur Zurechnungsfähigkeit sowie zur Erstellung von Gefährlichkeitsprognosen
  • sucht- und suchtmittelbezogene Fragestellungen
  • Themen aus anderen juristischen Disziplinen, bspw im Familien- oder Erwachsenenschutzrecht.

 

Rechtsprechung und Legistik sind in diesen Bereichen vielfach mit hochkomplexen, interdisziplinären Sachverhalten konfrontiert, für deren Beantwortung auf evidenzbasierte Forschung zurückgegriffen werden sollte.

Nach ersten rechtspsychologischen Tätigkeiten bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte die Disziplin international ab den 1970er-Jahren einen deutlichen Aufschwung. So wurde die Rechtspsychologie in vielen nationalen Berufsverbänden durch die Gründung eigener Fachbereiche institutionell verankert. 1992 wurde die European Association of Psychology and Law gegründet, ähnliche Gesellschaften finden sich auch in Australien und den USA.

Die deutliche Zunahme von Forschungstätigkeiten in diesem Bereich während der letzten Jahrzehnte bildet sich weiters in der Gründung zahlreicher einschlägiger Fachzeitschriften ab, wie beispielsweise Law and Human Behavior (APA Publishing), Legal and Criminological Psychology (Wiley-Blackwell) und Psychology, Crime & Law (Taylor & Francis). Im deutschsprachigen Raum finden sich ebenfalls einschlägige Publikationsorgane, wie bspw Praxis der Rechtspsychologie (Deutscher Psychologen Verlag) und Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie (Springer Verlag).